Konferenz

Wann die Gegenwart anfängt

10.10.2014 bis 11.10.2014 | Museum Rietberg, Johann Jacobs Museum

Es war einmal von moderner Kunst die Rede, doch klingt der Begriff heute seltsam antiquiert. Diese Kunst, falls wir uns richtig erinnern, erwuchs aus einem doppelten Spannungsverhältnis: gegenüber der Kunst vorher und der Gesellschaft ringsherum. Dagegen spricht man heute von zeitgenössischer Kunst, ja es gibt Museen zeitgenössischer Kunst, so als sei der Prozess historischer Sedimentierung in einer unendlichen Gegenwärtigkeit stillgestellt. Zwischen dem einen und dem anderen, zwischen der Moderne und dem Zeitgenössischen, liegt da eine Schwelle, ein Bruch, eine Erkenntnis, ein Vergessen? Ist die Gegenwärtigkeit tatsächlich so global wie sie tut, nachdem die Moderne trotz aller gut gemeinten oder missratenen Exportversuche ein westliches Abenteuer war? Und falls ja, wie wirkt die Globalisierung zurück auf das ehemalige Zentrum, das einst souverän zwischen sich und den anderen Barbaren, zwischen angewandter und freier Kunst, zwischen Kunst und Nicht-Kunst zu unterscheiden wusste? Klar scheint, dass institutionelle Gefüge wie jene Museen, die noch den Ballast des 19. Jahrhunderts mit sich herumschleppen, an eben diesem Ballast zu ersticken drohen beziehungsweise den Notausgang in Populismus und Spektakel suchen. Klar scheint aber auch, dass all die neu entstandenen institutionellen Gefüge, wie die Biennalen, wenigstens aus eigener Kraft nicht jene kritischen Begriffe oder Setzungen hervorbringen, die nachhaltiger wären als die jeweils aktuelle Presseerklärung mit ihrem Phrasenmix aus kuratorischen Anliegen und Veranstalterinteressen.

Wann die Gegenwart anfängt ist angelegt als ein halbwegs informeller Austausch von Ideen über den Zustand des Gegenwärtigen, des künstlerisch Zeitgenössischen. Dieser Austausch findet in zwei Zürcher Museen statt, von denen das eine, das Museum Rietberg, dezidiert nicht-westlicher Kunst gewidmet ist. Mit der Ausstellung Gastspiel lässt es zum ersten Mal Gegenwartskunst ins Haus. Das Johann Jacobs Museum wiederum findet seine Dingwelten entlang der globalen Handelswege. Das kann Kunst sein, muss es aber nicht.

 

Ein Gespräch über zwei Tage, konzipiert und organisiert vom Johann Jacobs Museum sowie Georg Schöllhammer, Felix Vogel und Tristan Weddigen im Rahmen der von Damian Christinger kuratierten Ausstellung „Gastspiel“ im Museum Rietberg.

Mit Beiträgen von Chika Okeke-Agulu, Daisy Bisenieks, Angela Dimitrakaki, Adrienne Edwards, Anke Hennig, Pauline J. Yao, Susanne Leeb, Royce Ng, Peter Osborne, Marcelo Rezende, Moe Satt.

Moderation: Roger M. Buergel, Georg Schöllhammer, Tristan Weddigen, Felix Vogel.