Ausstellung

„Mondlicht fällt in meine Studierstube“ (Dokumente aus Suzhou, 1937-2016)

17.11.2016 bis 19.2.2017 | Johann Jacobs Museum

Welche Bedeutung hat das eigene kulturelle Erbe für das heutige und künftige China? Und welche Anteile dieses Erbes gehen dem Zeitalter der westlichen Hegemonie voraus? Diese und ähnliche Fragen treiben chinesische wie nicht-chinesische Künstler heute um. Das Johann Jacobs Museum ist solchen Fragestellungen vor Ort nachgegangen – in der Stadt Suzhou, dem ehemaligen kulturellen und kommerziellen Zentrum des Kaiserreiches, das im Delta des Yangtze und damit am Anfang der Seidenstraße liegt (rund 80km entfernt von Shanghai, das zu Suzhous Hochzeiten noch ein unbedeutendes Fischerdörfchen war).

Suzhou ist aber mehr als nur ein Stück asiatischer Antike. Anfang des 20. Jahrhunderts, in den prekären Jahren der chinesischen Republik, wurde hier das erste Museum moderner Kunst Chinas eröffnet – von Yan Wenliang (1893-1988), einem Pionier des Malens im westlichen Stil. Am Vorabend der großen Kriege, im Jahre 1937, war Suzhou Schauplatz einer Ausstellung, die sich unter dem Titel Dokumente aus Wuzhong (Wuzhong lautet der Name der Region) an eine Diagnose der lokalen Kultur wagte. Diese Gegenwartsdiagnose, die den Ausgangspunkt für eine Selbstaufklärung und einen gesellschaftlichen Neuentwurf hätte bilden können, blieb im Keim stecken; die japanische Invasion und Besetzung, die nur wenige Monate später erfolgten, der chinesische Bürgerkrieg und schließlich die Kulturrevolution machten die Besinnung auf das Verhältnis von Erbe und Gegenwart, wenigstens im Medium einer öffentlichen Ausstellung, unmöglich.

Im Sommer 2016 organisierte das Kunstmuseum Suzhou in Kooperation mit dem Johann Jacobs Museum eine Neuauflage der „Dokumente“-Ausstellung. Rund vierzig Künstlerinnen und Künstler aus allen Teilen der Welt stellten sich der Frage nach den Herkünften einer globalen Gegenwart, in der sich die neue Weltmacht des 21. Jahrhunderts eben einzurichten beginnt. Im Zentrum der Suzhou Documents stand daher nicht China als solches, sondern eine Kartografie der historischen, politischen, wirtschaftlichen und künstlerischen Verflechtungen, an denen China neben anderen Weltgegenden, wie unserem kleinen Europa, teilhat.

 

Verschiedene Elemente der Suzhou Documents werden ab dem 17. November 2016 unter dem Titel Mondlicht fällt in meinen Studierstube im Johann Jacobs Museum gezeigt, darunter der Katalog der Ausstellung von 1937 neben weiterem historischen Material, und künstlerische Arbeiten, die zumeist vor Ort geschaffen wurden, unter anderem von Thomas Bayrle (Deutschland), Tina Gverovic (Kroatien und UK), Sakarin Krue-On (Thailand), Imogen Stidworthy (UK) und Jürgen Stollhans (Deutschland). Die Ausstellung erweitert sich im Verlauf um Arbeiten von Liu Ye (China), Pei Yongmei (China), Xu Bing (China), Yang Fudong (China), Yu Xuhong (China) und Yue Minjun (China).

Suzhou Documents/首届州文献展 wurde im Sommer 2016 von Zhang Qing (Head of the Curatorial and Research Department, National Art Museum China, Beijing) und Roger M. Buergel (Direktor des Johann Jacobs Museums Zürich) für das Kunstmuseum Suzhou kuratiert und findet im Herbst 2018 eine Fortsetzung.

 

Veranstaltungsprogramm