Ausstellung

Ein Bild fĂŒr den Kaiser

Japanische Arbeiter auf Zuckerplantagen in Hawai’i
8.2.2018 bis 31.5.2018 | Johann Jacobs Museum

Im Jahre 1885 gab der König von Hawai’i den Auftrag fĂŒr ein grosses ÖlgemĂ€lde. Dieses wollte er dem japanischen Kaiser zum Geschenk machen, doch das Bild fand nie Eingang in die kaiserliche Sammlung. Nun wird das GemĂ€lde zum ersten Mal ausserhalb Japans gezeigt – in einer Ausstellung, die den Entstehungszusammenhang des Bildes sowie das Leben seiner Protagonisten rekonstruiert. Wie ein Fenster gibt das GemĂ€lde den Blick frei auf die asiatisch-pazifische Welt des spĂ€ten 19. Jahrhunderts, eine Welt, die sich mit dem Auftauchen Meiji-Japans als internationale Macht grundlegend verĂ€ndert hatte.

Zum 150. Jahrestag der Meiji Restauration (im Jahre 2018) betrachten wir Japans damalige Verflechtungen mit dem pazifischen Raum: durch seine Arbeiter und seine Waren, aber auch durch das Bild, das Japan von sich entwarf. Ein Bild fĂŒr den Kaiser verstehen wir als Einladung: zur Überquerung des Ozeans, zur Überschreitung kĂŒnstlerischer Genres sowie, allgemeiner, zum Studium jener Grenzziehungen, die beim Schreiben von Geschichte am Werk sind.

Um das historische Material mit der Gegenwart zu verknĂŒpfen, haben wir drei zeitgenössische KĂŒnstler_innen gebeten, dieses Material mit ihren Mitteln zu interpretieren. Die japanische KĂŒnstlerin Aiko Tezuka isoliert berĂŒhrende Details aus den historischen Fotografien von Eduard Arning. Tiffany Chung (Vietnam/USA) verbindet alte Landkarten von Hawai’i in einem Montageverfahren. Schliesslich zeichnet JĂŒrgen Stollhans (Deutschland) die BrĂŒcke, welche die japanischen Neuankömmlinge auf Hawai’i nach Verlassen des Schiffes zu ĂŒberqueren hatten.

Die Ausstellung Ein Bild fĂŒr den Kaiser entstand in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Martin Dusinberre (Lehrstuhl fĂŒr Global History der UniversitĂ€t ZĂŒrich) und Prof. Dr. Hans B. Thomsen (Lehrstuhl fĂŒr Kunstgeschichte Ostasiens der UniversitĂ€t ZĂŒrich) sowie Christina Wild, David Möller, Miwa Negoro und Helena Jaskov.

 

Titelbild: Joseph Dwight Strong, Japanische Arbeiter auf Zuckerplantagen, Spreckelsville/Maui, 1885, Öl auf Leinwand, Mit freundlicher Genehmigung der Mitsui Sugar Co., Ltd. in Japan.

Veranstaltungsprogramm

Ein Gang durch die Ausstellung

Das Bild

– Ehrlich gesagt ist der Rahmen das Problem. Er ist zu mĂ€chtig, zu gewichtig: ganze 59 Kilo schwer. Genauso wie das GemĂ€lde stammt er aus Hawai’i – aus der Werkstatt der King Brothers. Deren Bilderrahmen galten allein schon als Kunstwerke. Dieser hier aber erschlĂ€gt alles, weil er eine besondere Botschaft ĂŒberbringen muss: Seht her, König Kalākaua von Hawai’i macht dem japanischen Kaiser ein Geschenk!

Joseph Dwight Strong, Japanische Arbeiter auf Zuckerplantagen, Spreckelsville/Maui, 1885, Öl auf Leinwand. Mit freundlicher Genehmigung der Mitsui Sugar Co., Ltd. in Japan.

– Sollten wir unsere Globalgeschichte nicht besser mit den Menschen auf dem Bild beginnen?

– Oder mit dem Maler. Schliesslich befinden wir uns hier in einem Kunstmuseum, oder nicht? Joseph D. Strong war Amerikaner. Seine Ausbildung erhielt er in MĂŒnchen und Kalifornien. BerĂŒhmt wurde er fĂŒr seine naturalistischen Landschaften, die den amerikanischen Westen zeigen. Nach Hawai’i kam er zum ersten Mal 1882 auf Einladung der Familie Spreckels. Im FrĂŒhling 1885 erhielt er dann den Auftrag, Japaner_ innen zu malen, die auf hawaiianischen Zuckerplantagen arbeiteten.

– Das GemĂ€lde ist somit Teil einer PR-Kampagne. Mit der Ankunft von beinahe tausend Japaner_innen im Februar 1885 kĂŒndigte sich die erste Massenauswanderung aus Japan seit mehr als 250 Jahren an. Sie markierte einen Wendepunkt in der Geschichte des pazifischen Raumes. König Kalākaua wollte allerdings die japanische Regierung ĂŒberzeugen, noch mehr Arbeiter_innen nach Hawai’i zu entsenden. Die auflagenstĂ€rkste Zeitung aus Honolulu – das Blatt gehörte dem Aussenminister von Hawai’i – nannte das GemĂ€lde von Strong daher eine „gelungene Darstellung“ der Schwerstarbeit auf den Plantagen.

– Aber gefiel dem japanischen Kaiser sein Geschenk?

– Der Meiji-Kaiser hat das Bild nie entgegengenommen. Dachte sein Hofstaat vielleicht, dass man ihm den Anblick einer Japanerin mit entblösster Brust nicht zumuten dĂŒrfe? Oder dass Strong einen faux pas beging, als er dem japanischen Kind einen chinesischen Haarschnitt verpasste? Unterlief das GemĂ€lde möglicherweise das Selbstbild der Japaner_innen, indem es sie eher wie pazifische Inselbewohner_innen oder Hawaiianer_innen zeigte? Das Bild ist vielschichtig und eröffnet die unterschiedlichsten Perspektiven.

Die Erinnerung

Aiko Tezuka „Erinnerst Du Dich an mich – Ich war dabei zu vergessen“, 2018.

– Wie erinnern wir uns an die Heimat, wenn wir unterwegs sind? In ihrer Installation „Erinnerst Du Dich an mich – Ich war dabei zu vergessen“, betrachtet Aiko Tezuka die Erinnerung und das Vergessen im Licht der japanischen Auswanderung nach Hawai’i. Gefiltert durch die delikate Stickerei, die Motive von Eduard Arnings Fotografien aus Honolulu aufgreift, lassen sich der ZĂŒrichsee und der Uetliberg schemenhaft erkennen. Doch wie verĂ€ndern sich vertraute Landschaften, wenn sie durch den Schleier der Geschichte betrachtet werden? Die Zartheit des Organza und die Rauheit der Stickerei erinnern uns an die dĂŒnnen FĂ€den, die uns mit der Vergangenheit verknĂŒpfen. Es gibt eine Geschichte hinter dem Strong-GemĂ€lde – eine Geschichte der Bitterkeit wie der SĂŒsse und der Heimat, die sich woanders wiederfindet.

Über wessen Land sprechen wir hier?

– Als die ersten Japaner_innen im Hafen von Honolulu den Steg ĂŒberquerten, eröffnete sich ihnen ein neues Leben im Königreich Hawai’i, einer unabhĂ€ngigen Nation. Nun sind „Königreich“, „UnabhĂ€ngigkeit“ und „Nation“ Begriffe, die dem politischen Diskurs des Westens entstammen. Sie stehen fĂŒr ein Denken ĂŒber die nicht-europĂ€ische Welt, das unserer Vorstellungskraft bis heute Grenzen setzt.

Historische Karte „Maui, Hawaiian Islands“, 1906 [1885]. David Rumsey Kartensammlung. Mit freundlicher Genehmigung der Cartography Associates.

– Das gilt auch fĂŒr die Landkarten. Sie zeigen verschiedene Formen des „Landbesitzes“ in Hawai’i. Zum Ende des 19. Jahrhunderts hin war das ali’i Land (das Land der HĂ€uptlinge) rot eingerahmt und mit den Namen der Zuckerplantagen vollstĂ€ndig ĂŒberschrieben. Doch selbst eine Ă€ltere Karte, die von den eigentlichen Hawaiianer_innen stammt, gehorcht den Prinzipien der westlichen Kartographie. Beide Karten zeigen ein Land, das – Ă€hnlich wie die Geschichte – von verschiedenen Parteien beansprucht wird.

– Und von welchem Meer sprechen wir? Vom gewaltigen Ozean, in dessen Mittelpunkt ein isoliertes Inselreich eingezeichnet ist? Oder von uralten und komplexen Verflechtungen, das heißt vom Pazifik als sea of islands?

Tiffany Chung „Register des öffentlichen Friedhofs der Ewa Plantage: von weitentfernten Landen kehren wir zu Staub zurĂŒck“. Acryl, Öl und Tinte auf Pergament und Papier, 2018.

– Auf der Karte von Tiffany Chung ist das Land unterteilt: in GrĂ€ben, Felder und GrabstĂ€tten der portugiesischen, japanischen und philippinischen Arbeiter_innen, die einst auf der Ewa Plantage gearbeitet haben. (Auch Haruno Tazawa, deren Koffer und Arbeitsjacke in der Ausstellung gezeigt werden, arbeitete auf Ewa). Auf den GrabstĂ€tten sind der Name und die als „Bango“ bezeichnete Nummer eingetragen. Eine solche anonyme Nummer erhielten die Arbeiter_Innen bei ihrer Ankunft in Hawai’i: „Neffe von 7226“, „Bruder von 3261“, „Kind von 4820“ und so weiter. Die Farbigkeit unterlĂ€uft diese rigide Ordnung. In den Worten der KĂŒnstlerin: „Das dominierende GrĂŒn symbolisiert normalerweise die RĂŒckeroberung der Natur sowie gewisser historischer, aber vergessener StĂ€dte/ Gebiete/GebĂ€ude. Weisse Farbe bemĂ€chtigt sich der eingezeichneten Felder und symbolisiert Tod/Trauer ĂŒber die einst gelebten Leben jener Menschen, die zur Entwicklung der Zuckerindustrie beigetragen haben.“

– Gewisse Betrachter_innen fĂŒhlen sich angesichts der pointilistischen Farben vielleicht an Flechten erinnert, die alte Grabsteine ĂŒberwuchern. In ihren Liedern haben die Japaner aus dem Satz „kibi no koe“, der beides „Stimmen der Zuckerfelder“ und „ZuckerfelddĂŒnger“ bedeutet, ein Wortspiel kreiert. Es meint, dass die in Hawai’i Gebliebenen nach ihrem Tod als DĂŒnger fĂŒr die Zuckerfelder enden. Chungs Arbeit evoziert die Frage, was auf dieser Insel eigentlich zurĂŒckbleibt, nachdem die Arbeiter_innen und die Plantagen verschwunden sind.

Picture Brides

– Aus der Sicht der Verwaltungsbeamten gab es nur Ehefrauen. Zu Beginn waren es nur wenige. Sie arbeiteten zusammen mit ihren MĂ€nnern und zogen die Kinder auf den Feldern gross. SpĂ€ter kamen tausende unbegleiteter Frauen dazu. Sie waren BrĂ€ute, die allein auf der Grundlage einer Fotografie von ihren zukĂŒnftigen EhemĂ€nnern ausgesucht und ĂŒber den Ozean geschickt worden waren. Ihre TrĂ€ume reisten mit in den Weidenkisten, auf denen der Name des Abfahrtshafens geschrieben stand. Einen Ehrenplatz darin hatten zeremonielle Kimonos, welche die sogenannten „Picture Brides“ tragen wĂŒrden.

Mit freundlicher Genehmigung des Japanese American National Museums, Los Angeles.

– Der Kimono in der Ausstellung zeigt ein einfaches Muster mit einem Origami-Kranich. Das Kranich-Motiv ist ein Ausdruck der Hoffnung, und steht in deutlichem Gegensatz zu den abgetragenen kasuri-Jacken und den Arm- und BeinschĂŒtzern aus Denim, die die Frauen auf dem Feld trugen.

Mit freundlicher Genehmigung des Japanese American National Museums, Los Angeles.

– Uns erscheint es fast albern, diese derben KleidungsstĂŒcke in einem klimakontrollierten Museum zu zeigen. Sie waren fĂŒr draussen bestimmt und sollten den Körper, der sich tagtĂ€glich bei schlimmster Hitze plagen musste, vor den scharfen RĂ€ndern der ZuckerrohrblĂ€tter schĂŒtzen. Wer genau hinschaut, entdeckt die von der Sonne ausgebleichten Stellen. Beanspruchte Stellen ĂŒbernĂ€hten die Frauen mit Zickzacklinien. Diese Linien erzeugen zufĂ€llige Muster, bei denen sich FunktionalitĂ€t und Ästhetik die Waage halten. Sie erzĂ€hlen von den MĂŒhen, in dieser komplexen Geschichte einen Weg zu finden.

Ich hatte keine Ahnung, dass mein Vater und meine Tante Folgendes beschlossen hatten: Da ich unbedingt nach Hawai’i wollte, könnte ich doch gleich ‚picture bride’ [meines Cousins] werden! … Als ich am 16. August 1918 bei der Einwanderungsstation in Honolulu ankam, dachte ich: ‚Oh je, Ich habe noch nie sein Bild gesehen. Wie werde ich ihn erkennen?’ … So standen wir alle in einer Reihe. Andere ‚picture brides’ hielten die Fotos ihrer muko-san [EhemĂ€nner] fest in ihren HĂ€nden. Dann kamen die MĂ€nner langsam herein, unsicher und besorgt. Sie versuchten die hanayome [BrĂ€ute] ihren Fotos zuzuordnen. Die jungen Frauen standen hinter ihren kori, schauten sich die Gesichter genau an und fragten sich, wer wohl ihr Ehemann sei. Auch ich stand wartend und fragend hinter meinem yanagigori.

Aus einem Interview mit Ayako Kikugawa von 1987. Zitiert nach Barbara F. Kawakami: Picture Bride Stories, University of Hawai’i Press 2016.

SĂ€mtliche StĂŒcke der Barbara Kawakami Sammlung sind online einsehbar.

Das Schiff
Werftmodell der „Yamashiro-Maru“ und der „Omi-Maru“. Werft Sir W.G. Armstrong, Mitchell & Co., Newcastle on Tyne, Baujahr 1884. Mit freundlicher Genehmigung der Wellesley Old Boys, UK.

– Das Dampfschiff „Yamashiro-maru“ wurde in Grossbritannien fĂŒr eine neu gegrĂŒndete Reederei in Japan gebaut. Schiffe wie dieses transportierten nicht nur Menschen und Waren, sondern auch Ideen. Auf ihnen reiste der japanische Geltungsanspruch, ein zivilisiertes, dem Westen ebenbĂŒrtiges Volk zu sein.

– Ganz konkret transportierte das Schiff im Juni/Juli 1885:

  • 989 Japaner_innen nach Hawai’i. Von diesen wurden 275 MĂ€nner und eine Frau auf die Spreckelsville Plantage auf Maui geschickt.
  • Den König von Hawai’i, der eine Gruppe japanischer Gesandter bei ihrer Rundreise auf Maui und Hawai’i Island begleitete.
  • Den 15-jĂ€hrigen Takechi Tadamichi, der eines Tages die Geschicke von Taiwan Sugar Co. (spĂ€ter die Mitsui Sugar Co., Ltd) leiten sollte.
  • Ein ÖlgemĂ€lde von Joseph D. Strong auf dem Weg von Hawai’i nach Japan.

– Und, nicht zu vergessen, hunderte Tonnen Kohle, die das Schiff befeuerten.

Das Modell der Yamashiro-Maru war bereits in der Ausstellung Omoshirogara – Japans Weg in die Moderne zu sehen und wird in dem Textbeitrag von Prof. Dr. Martin Dusinberre (Lehrstuhl fĂŒr Global History der UniversitĂ€t ZĂŒrich) in den Kontext der Meiji-Zeit gesetzt.

Kohle

– Sein Vater verschiffte Kohle auf dem Fluss Onga in Kyushu, der sĂŒdlichsten der japanischen Hauptinseln, deren Kohlevorkommen Mitte des 19. Jahrhunderts wohlbekannt waren. Er selbst war schon als kleiner Junge das erste Mal einen Minenschacht hinabgestiegen und wurde 1906 im Alter von 15 Jahren Bergarbeiter. Doch sein Name, Yamamoto Sakubei, wĂ€re nie in die Geschichte eingegangen, hĂ€tte er der Nachwelt nicht einen ausserordentlichen Korpus von Tuschezeichnungen hinterlassen, die er in den spĂ€ten 1950er Jahren zu malen begann und die die Arbeit und das alltĂ€gliche Leben der Minenarbeiter_innen abbilden. Der Korpus zĂ€hlt fast 600 Werke, und ist heute Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes.

Mit freundlicher Genehmigung der Yamamoto Familie, Tagawa City Coal Mining Historical Museum, Japan.

– Ohne die Bilder Yamamotos hĂ€tten wir womöglich ĂŒbersehen, dass sich die Geschichten des Zuckers, der Dampfschiffe, der Migration und sogar die des modernen Japan in hohem Masse der Kohle verdanken. Wer schreibt diese Geschichte von unten? Und welche Rolle spielt das VerhĂ€ltnis zwischen Bild und Text fĂŒr unser VerstĂ€ndnis von der Vergangenheit?

SÀmtliche Zeichnungen sind in einer Online-Galerie des Tagawa City Coal Mining Museum einsehbar.

Ankunft
JĂŒrgen Stollhans, Kohlezeichnung auf Papier, basierend auf einer Fotografie von der Ankunft japanischer Immigrant_innen in Hawai’i, 1893.

Ich war wahrscheinlich die einzige ‚picture bride’, die mit zwei grossen kori ankam. In einem kori steckte meine ganze Kleidung und in dem anderen befand sich ein grosser Futon und ein tanzen [ein mit Baumwolle gefĂŒtterter Kimono]. Fukushima ist bekannt als ein schneereiches Land und meine Mutter wusste nichts von dem tropischen Klima in Hawai’i. Deswegen gab sie mir die Dinge als Aussteuer mit.

Aus einem Interview mit Haruno Tazawa von 1984. Zitiert nach Barbara F. Kawakami: Picture Bride Stories, University of Hawai’i Press 2016.

Mit freundlicher Genehmigung des Japanese American National Museums, Los Angeles.

Eduard Arning

– Im Jahre 1883 kam ein deutscher Arzt nach Hawai’i, um die Lepra zu bekĂ€mpfen. Neben Pocken und Geschlechtskrankheiten war die Lepra ein weiteres Geschenk der westlichen Zivilisation an die Hawaiianer_innen. Daneben betĂ€tigte sich Dr. Arning als Amateurfotograf. Als im Februar 1885 das erste Kontingent japanischer Arbeiter_innen an Land ging, begab sich Arning zur Einwanderungsstation in Honolulu, um eine Serie von Glasbildfotos anzufertigen. Auch der amerikanische Maler Joseph D. Strong war zu der Zeit vor Ort.

Mit freundlicher Genehmigung der Hawaiian Historical Society.

– Arning richtete „die Japaner_innen“ fĂŒr den europĂ€ischen Blick zu. Vor seiner Linse wurden die Menschen zu Objekten einer ethnografischen Beobachtung, die selbst die alltĂ€glichsten TĂ€tigkeiten wie Kochen, Baden und Stillen exotisch erscheinen lĂ€sst. Doch niemand zwingt uns, Arnings Blickweise zu folgen. Wir können die Bilder zerlegen und neu zusammenfĂŒgen – stets mit dem Bewusstsein, dass auch unsere Montage Festlegungen trifft.

– Wie auch immer man die Bilderwand betrachtet, die Japaner_innen werden entkörperlicht. Zugang zu ihrer Geschichte erhalten wir wohl weniger durch Fotografien, als durch die materiellen Überbleibsel ihres Alltags: Arbeitskleider, Strohsandalen sowie die Lieder, die sie auf den Plantagen sangen.

ăƒăƒŻă‚€ăƒăƒŻă‚€ăšă‚ˆă† Hawai’i, Hawai’i
ć€ąèŠ‹ăŠæ„ăŸăŒ Ich jagte einem Traum hinterher
æ”ă™æ¶™ăŻ Nun fliessen meine TrĂ€nen
キビぼ侭 Auf den Zuckerrohrfeldern

濃からべど Es war die schwierigste Entscheidung
æˆ‘ăŒćœŸćœ°é›ąă‚Œ Unsere Familienfarm in Japan zu verlassen
ä»ŠăŻăƒžă‚Šă‚€ă§ Jetzt, hier in Maui
è‹ŠćŠŽă™ă‚‹ Leide ich unsĂ€glich

雹は降りć‡șすよう Ein plötzlicher Wolkenbruch
æŽ—æżŻăŻæżĄă‚Œă‚‹ Macht die WĂ€sche klitschnass
èƒŒăźć­ăŻæłŁă Das Baby auf meinem RĂŒcken schluchzt –
マンマ焩げる Und der Reis ist angebrannt

æšȘæ”œă§ă‚‹ăšăă‚ƒ Als ich Yokohama verliess
æ¶™ă§ć‡șたが Weinte ich beim Ablegen
ä»Šă˜ă‚ƒć­ă‚‚ă‚ă‚‹ Jetzt aber habe ich Kinder
歫もある Und Kindeskinder auch

æŸłă”ă†ă‚ŠăŻ Der alte Weidenkorb
今でもèȘžă‚‹ Weiss Geschichten zu erzĂ€hlen
é ă„æ˜”ăź Aus alter Zeit
äž–ăźæ§˜ă‚’ Und der Welt von damals

 

Texte von Martin Dusinberre und dem „Ein Bild fĂŒr den Kaiser“-Forschungsteam.

Zitationsempfehlung: Dusinberre, Martin und das „Ein Bild fĂŒr den Kaiser“-Forschungsteam (2018): „Text in der Ausstellung ‚Ein Bild fĂŒr den Kaiser – Japanische Arbeiter auf Zuckerplantagen in Hawai’i'“, Johann Jacobs Museum, 8. Februar bis 31. Mai 2018, /jjm/de/formate/ein-bild-fuer-den-kaiser-japanische-arbeiter-auf-zuckerplantagen-in-hawaii/.